Ackerland: Schadensersatzpflicht des Pächters für die Entstehung von Dauergrünland
Der Bundesgerichtshof hat am 28.4.2017 entschieden, dass ein Pächter, der als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland nutzt, verpflichtet sein kann, dem Verpächter den Schaden zu ersetzen, der durch die (aufgrund der ununterbrochenen Nutzung als Grünland) europarechtlich vorgegebene Einordnung der gepachteten Flächen als Dauergrünland entsteht. Bei der Bemessung des Schadens kann allerdings ein Mitverschulden des Verpächters zu berücksichtigen sein.
In dem Fall wurden im Jahr 2000 mehrere Grundstücke "zur landwirtschaftlichen Nutzung" an den Beklagten verpachtet. In dem Pachtvertrag wurden drei Flächen mit "A" für Ackerland gekennzeichnet. Der Vertrag hatte eine feste Laufzeit bis 30. September 2012 und sollte sich anschließend jeweils um ein weiteres Jahr verlängern. Bereits bei Übergabe der Grundstücke wurden diese als Grünland genutzt. Auch der Beklagte, der Unternehmer ist und sich mit der Haltung und Zucht von Pferden befasst, nutzte sie mit Kenntnis der Verpächterseite über die gesamte Pachtzeit hinweg als Grünland zur Pferdehaltung. Die Verpächterin beendete das Pachtverhältnis durch Kündigung zum 30. September 2013.
Nach der Rechtslage zu Beginn des Pachtverhältnisses durften die Grundstücke unabhängig von der Dauer ihrer Nutzung als Grünland in Ackerland umgewandelt werden. Seitdem haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert. Da die Grundstücke zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs gewesen sind, unterliegen sie einem landesrechtlichen Umbruchverbot nach der am 13. Mai 2008 in Kraft getretenen Dauergrünland-Erhaltungsverordnung (DGL-VO SH) und dem zum 1. November 2013 in Kraft getretenen Dauergrünland-Erhaltungsgesetz (DGLG SH); dem liegen Vorgaben der Europäischen Union zugrunde. Zudem liegen die Grundstücke vollständig in einem im Jahr 2006 ausgewiesenen Europäischen Vogelschutzgebiet und darüber hinaus teilweise in einem 2010 ausgewiesenen FFH-Gebiet (einem europäischen Schutzgebiet nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie). Infolgedessen könnte die Möglichkeit zum Umbruch jetzt nur noch durch den Nachweis von Ersatzflächen in demselben Vogelschutz- bzw. FFH-Gebiet wiederhergestellt werden. Die Klägerin verlangt Schadensersatz mit der Begründung, der Beklagte habe der Entstehung von Dauergrünland entgegenwirken müssen.
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 98.052,75 € nebst vorgerichtlichen Anwalts- und Gutachterkosten jeweils nebst Zinsen verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten, der BGH die Revision des Beklagten zurückgewiesen.
Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass es dem Beklagten möglich gewesen wäre, den Schadenseintritt durch eine rechtzeitige Änderung der Nutzung von Grünland zu Ackerland ("Umbruch") abzuwenden; hierzu war er vertraglich verpflichtet. Zwar hat der Beklagte keine unerlaubte Nutzungsänderung vorgenommen, weil die Flächen schon bei Übergabe als Grünland bewirtschaftet wurden und er diese Nutzung fortgesetzt hat. Der Pächter ist aber zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet und hat sie in einem Zustand zurückzugeben, der einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht. Werden als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland genutzt, entspricht es vorbehaltlich besonderer vertraglicher Vereinbarungen ordnungsmäßiger Bewirtschaftung, die Ackerlandeigenschaft zu erhalten und die Entstehung von Dauergrünland durch einen rechtzeitigen Umbruch abzuwenden. Der Pächter hat nämlich - soweit es ihm möglich ist - dafür zu sorgen, dass die in dem Pachtvertrag vorausgesetzten Nutzungsmöglichkeiten bestehen bleiben; dazu muss er die Rechtsentwicklung jedenfalls insoweit beobachten, als weitreichende rechtliche Änderungen im Raum stehen, die einen erheblichen Wertverlust der gepachteten Flächen nach sich ziehen können und in landwirtschaftlichen Kreisen allgemein wahrgenommen und diskutiert werden, wie es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hinsichtlich der Entstehung von Dauergrünland der Fall gewesen ist. Kommt der Pächter der Pflicht zur Vornahme eines rechtzeitigen Umbruchs schuldhaft nicht nach, ist er dem Verpächter dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet.
Allerdings kann ein Mitverschulden des Verpächters in Betracht kommen, wenn er es unterlässt, den Pächter zu einem rechtzeitigen Umbruch anzuhalten, sofern ihm die Nutzung als Grünland bekannt war und er die drohende Entstehung von Dauergrünland erkennen konnte.
Urteil vom 28. April 2017 - LwZR 4/16