BGH: Grundstückseigentümer ist verantwortlich, wenn ein von ihm beauftragter Handwerker einen auf das Nachbarhaus übergreifenden Brand verursacht

Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Grundstückseigentümer, der einen Handwerker Reparaturarbeiten am Haus vornehmen lässt, gegenüber dem Nachbarn verantwortlich ist, wenn das Haus infolge der Arbeiten in Brand gerät und das Nachbargrundstück dabei beschädigt wird. Dass der Handwerker sorgfältig ausgesucht wurde, ändert daran nichts.

Sachverhalt: Die Beklagten waren Eigentümer eines Wohnhauses. Am 8. Dezember 2011 führte ein Dachdecker in ihrem Auftrag am Flachdach des Hauses Reparaturarbeiten durch. Im Verlauf der mit Hilfe eines Brenners durchgeführten Heißklebearbeiten verursachte er schuldhaft die Entstehung eines Glutnestes unter den aufgeschweißten Bahnen. Am Abend bemerkten die Eheleute Flammen in dem Bereich, in dem der Dachdecker gearbeitet hatte. Der alarmierten Feuerwehr gelang es nicht, das Haus zu retten. Es brannte vollständig nieder. Durch den Brand und die Löscharbeiten wurde das an das brennende Haus unmittelbar angebaute Haus der Nachbarin erheblich beschädigt.

Das Haus der Nachbarin ist bei der Klägerin versichert. Diese hat ihr eine Entschädigung geleistet und verlangt nun -der Dachdecker ist insolvent- von den Beklagten Schadensersatz.

 

Die Klage wurde bislang abgewiesen. Eine Haftung aus unerlaubter Handlung scheide aus, da keine Anhaltspunkte bestünden, dass der Dachdecker nicht sorgfältig ausgewählt wurde. Der Klägerin stehe gegen die Beklagten auch kein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zu. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Grundstückseigentümer Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB seien. Dies sei jedoch nicht der Fall, sie hätten mit der sorgfältigen Auswahl des Dachdeckers alles Erforderliche getan, um das Risiko eines Brandschadens auszuschließen.

 

Entscheidung des BGH: Die Revision der Klägerin war erfolgreich. Das vorherige Urteil wurde aufgehoben und entschieden, dass der Klägerin gegen die Beklagten ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zusteht.

Ein nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen. Hiervon ist auszugehen, wenn ein Brand auf ein fremdes Grundstück übergreift.

Weitere Voraussetzung ist, dass der Anspruchsgegner als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB zu qualifizieren ist. Hierfür ist erforderlich, dass die Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nur von Fall zu Fall festgestellt werden, hier hat der Senat die Störereigenschaft bejaht.

Der Verantwortlichkeit der Beklagten steht nicht entgegen, dass der Brand auf die Handlung eines Dritten, nämlich des von ihnen beauftragten Handwerkers zurückzuführen ist. Für die Zurechnung des durch den Handwerker herbeigeführten gefahrträchtigen Zustands kommt es nicht darauf an, ob bei der Auswahl des Handwerkers Sorgfaltspflichten verletzt wurden. Maßgeblich ist vielmehr, ob es Sachgründe gibt, die aufgetretene Störung ihrem Verantwortungsbereich zuzurechnen. Das ist der Fall. Die Beklagten waren diejenigen, die die Vornahme von Dacharbeiten veranlasst haben und die aus den beauftragten Arbeiten Nutzen ziehen wollten.

Dass sie den Handwerker sorgfältig ausgesucht und ihm die konkrete Ausführungsart nicht vorgeschrieben haben, ändert nichts daran, dass sie mit der Beauftragung von Dacharbeiten eine Gefahrenquelle geschaffen haben und damit der bei der Auftragsausführung verursachte Brand auf Umständen beruhte, die ihrem Einflussbereich zuzurechnen sind.

 

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

 

Urteil vom 9. Februar 2018 – V ZR 311/16