Gesetzesänderung zu „Textform“ statt “Schriftform“

Seit 1. 6.2016 ist § 309 Ziff. 13 BGB durch den Gesetzgeber geändert – und hat erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Vertragspraxis. Bisher konnten rechtliche Erklärungen in Schriftform wirksam abgegeben werden– nunmehr reicht die Textform. Diese Unterscheidung ist bedeutsam. Denn zur „Textform“ gehören auch E-Mails, während die „Schriftform“ klassische Schreiben oder Telefaxe erfasste. Eigentlich sollten mit der Neuregelung nur Verbraucher bei Online-Geschäften besser geschützt werden. In der Rechtspraxis wirkt sich dies aber in einer viel weitergehenden Weise aus. Denn wenn in Verträgen für bestimmte Willenserklärungen noch die „Schriftform“ vereinbart ist, wird diese Regelung für nach dem 1.10.2016 geschlossene Verträge unheilbar unwirksam! Umdeutung oder Reduzierung auf das gerade noch rechtlich zulässige Maß werden nicht erlaubt.

Dies wirkt sich beispielsweise in Arbeitsverträgen so aus, dass sogenannte Ausschlussklauseln, mit denen die Geltendmachung von Ansprüchen des Arbeitnehmers oder des Arbeitgeber innerhalb einer bestimmten Frist verlangt wird und dies in Schriftform oder schriftlich erfolgen sollte, insgesamt unwirksam werden. Solche Ansprüche können dann folglich viel länger, also beispielsweise in der Regelverjährungsfrist von 3 Jahren geltend gemacht werden. Da die Regelung aber verbraucherschützend geltend soll, wird angenommen, dass von diesem Vorteil der Arbeitgeber nicht profitieren darf, sondern nur der Arbeitnehmer. Das Streitpotential einer solchen Ungleichbehandlung ist offenkundig.

Auf vor dem 1.10.2016 geschlossene Verträge soll die Gesetzesänderung keine Auswirkungen haben. Problematisch wird es aber, wenn solche Alt-Verträge nach dem 1.10.2016 geändert oder ergänzt werden. Gilt dann die neue verbraucherfreundliche Formvorschrift wie für einen Neuvertrag? Dies ist noch ungeklärt und kommt auf die Gestaltung des Einzelfalles an.

Außerdem ist zu beachten, dass die neue Regelung nicht für vertragliche Abreden oder Kündigungen gilt, weil es für diese separate gesetzliche Regelungen im Arbeitsrecht gibt, die als „lex specialis“ dem neuen § 309 Ziffer 13 BGB vorgehen.

Angesichts dieser Unübersichtlichkeit empfiehlt sich bei aufkeimenden Streitigkeiten daher dringend eine anwaltliche rechtliche Prüfung!